Bessere Wege für schwierige Gespräche

Sherry McMenemy

Schwierige Gespräche gehören zum Arbeitsalltag. Oft sind sie mit Stress verbunden, und wenn ein heikles Thema nicht gut kommuniziert wird, kann es eine angespannte Situation noch verschärfen. Doch die Fähigkeit, solche Gespräche produktiv zu führen, lässt sich entwickeln.

Obwohl jede Situation einzigartig ist, befähigt der Talententwicklungsprozess bei Volaris Führungskräfte dazu, selbst aus unangenehmen Gesprächen konstruktive Lösungen zu machen. Indem sie das Problem klar umreißen und sich bewusst machen, welches Ergebnis sie erreichen möchten, können sie Gespräche effektiver gestalten.

Nein sagen

„Nein“ zu sagen, klingt einfach, doch in der Praxis kann es eine Herausforderung sein – vor allem, wenn die Bitte von einer vorgesetzten Person kommt oder wenn man als hilfsbereit gelten möchte.

Manche Menschen neigen dazu, unabhängig vom Kontext immer mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten. Wer ständig Ja sagt, um Konflikte zu vermeiden oder sich als hilfsbereit zu präsentieren, läuft Gefahr, sich zu überfordern. Umgekehrt kann ein reflexhaftes Nein dazu führen, dass wertvolle Chancen ungenutzt bleiben.

Viele haben Schwierigkeiten, Nein zu sagen, weil sie sich Sorgen um die Auswirkungen auf ihr Gegenüber machen. Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Bitte abzulehnen und trotzdem hilfsbereit zu sein:

  • Zeitaufwand: Falls Sie nicht helfen können, verweisen Sie auf kostenlose Ressourcen oder setzen Sie klare Zeitlimits für Ihre Unterstützung. Falls Sie Fachwissen in einem bestimmten Bereich haben, könnte es sich lohnen, eine FAQ oder andere hilfreiche Dokumente zu erstellen, die Sie bei Bedarf weitergeben können.
  • Prioritäten prüfen: Bevor Sie eine Bitte ablehnen, analysieren Sie deren Dringlichkeit und Bedeutung. Ist es für Sie nicht wichtig, für den Kunden aber schon? Ein kleiner Einsatz Ihrerseits könnte einen großen Mehrwert für den Kunden bringen. Falls Sie Nein sagen müssen, erklären Sie Ihre Gründe und schlagen – wenn möglich – Alternativen vor.
  • „Nicht meine Aufgabe“: Missverständnisse über Zuständigkeiten können zu Spannungen führen. Manchmal weiß Ihr Gegenüber nicht, dass Sie nicht die richtige Ansprechperson sind. Statt ein schlichtes Nein zu geben, erklären Sie Ihren Aufgabenbereich und leiten die Anfrage – wenn möglich – an das richtige Team weiter. Achten Sie darauf, ob Erschöpfung Ihre Wahrnehmung beeinflusst: Wenn Sie sich ausgebrannt fühlen, reagieren Sie möglicherweise häufiger mit einem reflexhaften Nein. Es kann helfen, offen zu kommunizieren („Ich bin gerade ausgelastet, aber ich melde mich in ein paar Tagen“).
  • Überstunden: Falls Ihr Vorgesetzter Sie um zusätzliche Arbeit oder ein neues Projekt bittet, nehmen Sie nicht automatisch an, dass er über Ihre aktuelle Auslastung Bescheid weiß. Besprechen Sie Ihr Arbeitspensum, klären Sie Prioritäten und setzen Sie realistische Erwartungen. Falls sich Ihre Aufgaben grundlegend verändern, kann es an der Zeit sein, eine Neuverhandlung anzustreben.
  • Jobangebote und Personalvermittler: Wenn Sie eine Stelle nicht interessiert, können Sie höflich ablehnen – oder anbieten, die Informationen in Ihrem Netzwerk zu teilen.
  • Empfehlungen: Falls Sie eine Person uneingeschränkt empfehlen können, ist das kein Problem. Doch was, wenn Sie Vorbehalte haben? Statt eine unehrliche Empfehlung auszusprechen, können Sie eine neutrale Antwort geben, etwa: „Ich bin nicht die richtige Person für eine Empfehlung in diesem Bereich.“ Oder setzen Sie Grenzen, indem Sie klarstellen: „Ich kann für dieses Projekt sprechen, aber nicht für andere.“ So vermeiden Sie unangenehme Situationen, ohne ein hartes Nein auszusprechen.

Die richtige Vorbereitung für ein schwieriges Gespräch

Die Vielzahl an Büchern zum Thema zeigt, wie sehr sich Menschen mit schwierigen Gesprächen auseinandersetzen. Ob es sich um Leistungsbeurteilungen für Mitarbeitende mit Defiziten, Kündigungsgespräche, Konfliktvermittlung oder kritisches Feedback handelt – eine gute Vorbereitung ist entscheidend für den Erfolg.

Bestsellerautor Joseph Grenny betont, wie wichtig eine durchdachte Herangehensweise ist:

1. Die richtige Einstellung wählen

Ihre Haltung kann den Verlauf eines schwierigen Gesprächs maßgeblich beeinflussen. Es gibt das Sprichwort: „Wer Streit sucht, wird ihn finden.“ Gehen Sie hingegen mit der Überzeugung in das Gespräch, dass eine positive Lösung möglich ist, erhöht das die Chance auf ein gutes Ergebnis.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Verständnis für die Perspektive der anderen Person. Verfügt Ihr Gegenüber über dieselben Informationen wie Sie? Werden die gleichen Probleme wahrgenommen? Gibt es möglicherweise unterschiedliche Motive? Einfühlungsvermögen kann dabei helfen, das Gespräch neu zu gestalten und es eher in eine Zusammenarbeit als in eine Konfrontation zu verwandeln.

2. Die eigenen Motive hinterfragen

Unter Stress oder Druck neigen Menschen dazu, kurzfristig und egoistisch zu handeln. Man sorgt sich um das eigene Ansehen, möchte Recht behalten, gewinnen oder Konflikte vermeiden – und das unabhängig von der eigenen Position im Unternehmen.

Fragen Sie sich:

  • Was möchte ich wirklich für mich erreichen?
  • Was wünsche ich mir für die andere Person?
  • Was ist das beste Ergebnis für alle Beteiligten?

Ihre Antworten sollten mit guten Absichten und Ihrer Arbeitsethik übereinstimmen. So können Sie sich besser fokussieren und bleiben ruhiger.

Seien Sie sich auch möglicher „versteckter Absichten“ bewusst: Wenn Sie dazu neigen, übermäßig zu kritisieren, könnte das darauf hindeuten, dass es Ihnen eher ums Gewinnen oder Bestrafen als um eine konstruktive Lösung geht.

3. Emotionen bewusst steuern

Negative Emotionen können ein produktives Gespräch erschweren. Unter Druck empfinden Menschen oft Wut, Angst oder gehen automatisch in eine Abwehrhaltung. Wie Grenny sagt: „Unsere Emotionen haben weniger mit dem Verhalten der anderen Person zu tun als mit der Geschichte, die wir uns darüber erzählen.“

Es ist leicht, eine „Held-Bösewicht-Geschichte“ zu konstruieren, in der wir selbst das Opfer und die andere Person der Übeltäter ist. Doch wenn wir unsere eigene Rolle in der Situation reflektieren, erkennen wir möglicherweise, dass wir selbst zur Dynamik beigetragen haben – und unsere negativen Emotionen verlieren an Intensität.

Hinterfragen Sie Ihre unmittelbare emotionale Reaktion: Warum regt mich die Situation so auf? Oft liegen tiefere Ursachen dahinter, die nicht direkt mit der aktuellen Diskussion zu tun haben.

4. Fakten sammeln

In schwierigen Gesprächen gibt es oft gegensätzliche Sichtweisen. Anstatt mit einer festen Schlussfolgerung in die Diskussion zu gehen, beginnen Sie mit den objektiven Fakten. Sonst wird das Gespräch schnell zu einem Wettbewerb, anstatt zu einer produktiven Unterhaltung.

Formulieren Sie kritisches Feedback klar, spezifisch und möglichst emotionsneutral. Offen über die Auswirkungen von Fehlverhalten oder unzureichender Leistung zu sprechen, kann helfen, persönliche Angriffe zu vermeiden.

Manchmal ist sich eine Person ihrer schlechten Leistung bewusst, hält aber aus Angst daran fest – sei es die Angst vor Jobverlust, vor der Bitte um Hilfe oder Scham für vergangenes Verhalten. Zeigen Sie die negativen Auswirkungen auf, um zu verdeutlichen, warum eine Veränderung notwendig ist.

Lassen Sie Ihrem Gegenüber jedoch Raum, seine Sichtweise darzustellen. Selbst wenn eine Entscheidung bereits gefallen ist, trägt das Zuhören dazu bei, dass sich alle Beteiligten ernst genommen fühlen.

5. Neugierig bleiben

Gehen Sie mit einer klaren Zielsetzung ins Gespräch, aber bleiben Sie offen für neue Erkenntnisse. Möglicherweise erfahren Sie etwas, das Ihre Perspektive verändert oder Ihnen hilft, eine bessere Lösung zu finden.

Hinterfragen Sie sich selbst: Treffe ich Annahmen über die Absichten der anderen Person?

Aktives Zuhören kann helfen, schwierige Gespräche produktiv zu gestalten. Der bekannte Diplomat Dean Rusk sagte einmal: „Wenn Sie wirklich aufmerksam und aufrichtig zuhören, verspüren andere weniger das Bedürfnis, sich Ihnen zu widersetzen, um gehört zu werden.“

Es kommt darauf an, wie Sie etwas sagen

Sie können alle guten Absichten mit einer falschen Formulierung zunichte machen. Wenn Sie planen, was Sie sagen sollen, müssen Sie bedenken, dass Sie sich mit einem anderen Menschen unterhalten, der auch Gefühle und Meinungen hat.

Es gibt Triggerphrasen, die eine sofortige negative Reaktion erzeugen. Sie scheinen offensichtlich zu sein, aber es ist erstaunlich, wie oft die Leute sie benutzen, vor allem, weil sie wahrscheinlich einen Rückzieher machen würden, wenn sie selber auf der Empfängerseite stünden.

Trigger können auch persönlich sein und mit der Lebenserfahrung von jemandem zusammenhängen (von dem Sie nichts wissen).

In einem Artikel für die Harvard Business Review behandelte der Wissenschaftler James R. Detert Triggerphrasen, die auf häufigen Fehlern basierten. Hier ist sein Rat:

  1. Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihr Standpunkt offensichtlich ist. Triggerphrasen wie offensichtlich, deutlich, ohne Zweifel, wie wir alle wissen. Diese führen zu einem naiven Realismus, bei dem Sie glauben, dass Sie Zugang zu einer objektiven Realität haben, die jeder sieht und der jeder zustimmt, oder zu einer Arroganz, bei der Sie davon ausgehen, dass jede andere Sichtweise unbedeutend ist.
  2.  Übertreiben Sie nicht. Triggerphrasen wie immer, nie: Übertriebene Aussagen klingen oft wie Anschuldigungen, wenn sie ein negatives Verhalten beschreiben. Sie können Ihre Glaubwürdigkeit untergraben und zu einer Debatte über Häufigkeit oder Wahrheit führen, statt über Verhalten und Ergebnisse. Wenn es Ihre Absicht ist, jemanden dazu zu bringen, etwas anzufangen oder aufzuhören, konzentrieren Sie sich darauf.
  3. Sagen Sie ihnen nicht, was sie tun müssen, vor allem nicht, wenn Sie nicht ihr Chef sind. Triggerphrasen wie Sie müssen das machen, das ist nicht der richtige Weg. Wenn Sie versuchen, das Verhalten zu beeinflussen, ist es besser, jemanden selbst entscheiden zu lassen. Das soll nicht heißen, dass Sie diese Entscheidung nicht beeinflussen können, aber es ist überzeugender, über Optionen und Fakten zu sprechen.
  4. Hinterfragen Sie nicht den Charakter oder die Integrität einer Person. Triggerphrasen wie unprofessionell, falsch, unethisch. All das mag zutreffen, doch besonders, wenn es nicht in Ihrer Verantwortung liegt, diese Dinge anzusprechen, wird ihr Gegenüber das Gespräch sofort abbrechen. Wenn Sie stattdessen nach dem „Warum?“ fragen, können Sie neue Erkenntnisse über das Geschehen gewinnen. Es ist besser, sich an Ergebnisse und beobachtbare Verhaltensweisen zu halten, als einen persönlichen Angriff zu starten.
  5. Sagen Sie nicht „Es ist nicht persönlich.“ Sobald Sie es sagen, wird es persönlich. Wenn jemand eindeutig von etwas betroffen ist, das Sie gesagt oder getan haben, macht das die Sache nur noch schlimmer. Stattdessen können Sie anerkennen, dass es für die betreffende Person eine persönliche Angelegenheit ist, auch wenn es für Sie nicht zutrifft.

Jeder hat seine eigenen Trigger, die ein schwieriges Gespräch entgleisen lassen können. Es ist wichtig, sich einzugestehen, dass niemand es immer richtig macht. Wenn Sie jedoch ein schwieriges Gespräch führen müssen, können Sie unnötige Konflikte vermeiden, wenn Sie sich etwas Zeit nehmen, um Ihre Vorgehensweise und Ihre Botschaften zu überdenken.

Über den Autor
Sherry McMenemy
Als VP für Corporate Knowledge bei der Volaris Group arbeitet Sherry eng mit all unseren Organisationen zusammen, um Best Practices durch Peer-Programme, spezielle Sitzungen, Portale und Gemeinschaften zu erfassen und zu teilen. Sie überwacht außerdem die Plattformen, Technologien und Strategien der Volaris Group, die unsere kollaborative Kultur unterstützen.
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